Trauer um die Mutter – das Kreis-Modell

Trauer um die Mutter – das Kreis-Modell

Anna betrat das Beratungszimmer mit einem schweren Herzen. Ihre Mutter, die wichtigste Person in ihrem Leben, war vor einigen Monaten verstorben. Die Trauer um ihren Verlust lastete schwer auf ihr, und sie hatte das Gefühl, in einem Nebel aus Schmerz und Unsicherheit gefangen zu sein. Obwohl die Zeit verstrich, fühlte es sich für Anna an, als würde ihr Leben stillstehen. Sie wusste nicht, wie sie weiterleben sollte, ohne ihre Mutter an ihrer Seite.

An diesem Tag stellte ich Anna das Kreismodell vor – zwei Kreise, die sich überschneiden, wobei jeder Kreis einen Aspekt ihres Lebens und den der verstorbenen Mutter symbolisierte. Wir begannen mit einer einfachen Frage: „Was bleibt von deiner Mutter?“

Anna begann zu sprechen, und während sie sprach, füllte sich der Kreis, der ihre Mutter repräsentierte, mit Worten und Bildern. Ihre Mutter war eine warmherzige, kreative Frau gewesen, die immer ein offenes Ohr für andere hatte. Sie hatte eine tiefe Liebe zur Natur, war eine talentierte Gärtnerin und hatte eine besondere Gabe, Menschen zu inspirieren und sie zu motivieren, ihre Träume zu verfolgen. Diese Eigenschaften und Werte bildeten die Basis des Kreises – Annas Mutter, so wie sie in Erinnerung blieb.

Als wir den zweiten Kreis betrachteten, fragte ich Anna: „Welche dieser Eigenschaften und Werte möchtest du in deinem Leben weitertragen?“ Zunächst zögerte sie, aber dann begann sie, Verbindungen zu ziehen. Sie erinnerte sich daran, wie ihre Mutter sie immer ermutigt hatte, kreativ zu sein, und wie sie gemeinsam den Garten gepflegt hatten. Anna erkannte, dass die Liebe zur Natur und die Freude am Gärtnern nicht nur Erinnerungen waren, sondern etwas, das sie von ihrer Mutter übernommen hatte.

„Ich möchte den Garten meiner Mutter weiter pflegen“, sagte Anna leise. „Das war ihr Heiligtum, und ich glaube, es wäre schön, wenn ich das weiterführe.“ Sie spürte, dass dies nicht nur eine Aufgabe war, sondern ein Weg, die Verbindung zu ihrer Mutter zu bewahren und ihre Präsenz in ihrem eigenen Leben spürbar zu machen.

Als wir weiterarbeiteten, fand Anna immer mehr Aspekte, die sie weiterleben wollte. Sie erinnerte sich an die Bücher, die ihre Mutter geliebt hatte, und beschloss, diese wieder zu lesen, um sich mit ihrer Mutter verbunden zu fühlen. Auch das offene Ohr, das ihre Mutter für andere hatte, war etwas, das Anna in ihrem Alltag integrieren wollte. Sie beschloss, sich ehrenamtlich zu engagieren und anderen in schwierigen Lebenssituationen zuzuhören, so wie es ihre Mutter immer für sie getan hatte.

Der Schnittbereich der Kreise – das, was von ihrer Mutter bleibt und was Anna weiterleben möchte – wurde zu einer kraftvollen Quelle der Heilung. Anna erkannte, dass ihre Mutter nicht einfach weg war. Sie lebte in den Werten, Fähigkeiten und Projekten weiter, die Anna jetzt bewusst in ihrem eigenen Leben pflegte und entwickelte.

Anna verließ das Beratungszimmer an diesem Tag mit einem klareren Bild davon, wie sie den Weg der Trauer beschreiten konnte. Sie wusste, dass ihre Mutter in dem Garten, den sie pflegen würde, in den Büchern, die sie lesen würde, und in den Menschen, denen sie zuhören würde, weiterleben würde. Und während Anna diese Aspekte ihrer Mutter weiterführte, fand sie nicht nur einen Weg, die Erinnerung an sie lebendig zu halten, sondern auch eine neue Stärke und Zuversicht, ihren eigenen Lebensweg weiterzugehen.

Das Kreismodell hatte Anna geholfen, nicht nur den Verlust zu verarbeiten, sondern auch eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft zu schlagen. In der Schnittmenge der Kreise lag die Essenz dessen, was bleibt und was weiterlebt – nicht nur von ihrer Mutter, sondern auch in ihr selbst.

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